http://www.fask.uni-mainz.de/user/feuerstein/rp/rp-16.2.html 16.2.5. Retina Implant Parallel zu den o.g. Versuchen, eine Therapie f|r RP zu finden, wird derzeit auch auf dem noch sehr neuen Gebiet der Neurotechnologie geforscht. Die Neurotechnologie versucht, Ausfdlle im Nervensystem durch Computertechnologie zu ersetzen. Im Falle der Schwerhv rigkeit bzw. Taubheit wird bereits seit einiger Zeit eine Innenohrprothese, das Cochlear Implant, eingesetzt, das den Hv rnerv stimuliert und das Hv rvermv gen bis zu einem gewissen Grad wiederherstellt.[349] Nun wird auch an der Entwicklung eines Microchips gearbeitet, der als Teilersatz von degenerierten Netzhautschichten in die Retina implantiert werden soll. An diesem Vorhaben arbeiten zur Zeit weltweit vier verschiedene Teams[350], die verschiedene Lv sungsvarianten entwickeln.[351] In den USA arbeiten zwei Forscherteams an diesem Projekt. So wird z.B. die Realisierung eines der Konzepte vom Massachusetts Eye and Ear Infirmary zusammen mit dem Massachusetts Institute of Technology (MIT) und der Harvard Medical School verfolgt. Bei dieser Lv sung nimmt eine Kamera auf Brillengldsern die visuelle Information auf und digitalisiert sie. Die digitalisierte Information wird dann mit einem Laser auf das Retina-Implantat geschickt, das den Laser-Impuls in elektrische Signale umwandelt. Das Retina-Implantat liegt hierbei direkt vor den Ganglienzellen, d.h. epiretinal, wobei somit alle anderen Zellschichten der Netzhaut umgangen werden.[352] In der Bundesrepublik haben sich zwei Forscherteams zusammengetan, die vom Bundesministerium f|r Bildung, Forschung, Wissenschaft und Technologie (BMBF) finanziell unterst|tzt werden. Der Ansatz eines wie oben beschriebenen epiretinalen Implantates wird mit dem "Epiret-Projekt" im Forscherteam unter der Leitung von Prof. Eckmiller, Bonn, verfolgt. Ein in eine Brille bzw. Kontaktlinse eingebauter Retina-Encoder (RE) wandelt Signale der Au_enwelt in elektrische Impulse und gibt diese an ein Signal- und Energie|bertragungssystem (SE) weiter. Das SE schickt diese Impulse mit Hilfe von Funkwellen oder einem Laser an den zwischen Glaskv rper und Ganglienzellschicht eingepa_ten Retina-Stimulator (RS), der die Ganglienzellen unter Umgehung der |brigen Netzhautschichten stimuliert.[353] Das Konsortium unter der Leitung von Professor Zrenner hat sich die Weiterentwicklung eines an der Loyola University, Chicago entwickelten Chips zur Aufgabe gemacht. Bei diesem Ansatz, dem "Subret-Projekt" oder auch Microphotodiodenarray (MPDA) genannt[354], handelt es sich, im Gegensatz zu den anderen Projekten, um eine Matrix von hochempfindlichen Microphotodioden, die subretinal, d.h. zwischen RPE und Photorezeptoren implantiert wird. Mit den Photodioden sind Elektroden verbunden, die die nachstehenden Retinazellen reizen sollen. Analog zur nat|rlichen Photorezeptorschicht wdre das Reizlicht dann gleichzeitig der Energietrdger f|r die Reizung nachstehender Zellen. Da bei dieser Lv sung keine externe Kamera erforderlich sein wird, sondern wie bei Photorezeptoren die Lichtreize von den Photodioden in der Netzhaut aufgenommen werden sollen, sind somit nat|rliche Augenbewegungen zur Aufnahme von visuellen Eindr|cken mv glich. Die Umwelt wird in Abhdngigkeit von der Stellung der Augen abgebildet, wobei sich das Bild nicht, wie dies bei einer externen Lv sung der Fall wdre, verschiebt. Die Aufgabe des Konsortiums besteht unter anderem darin, mv gliche Risiken zu untersuchen. Es mu_ zum Beispiel die Langzeitstabilitdt im Tierversuch getestet werden. Au_erdem mu_ eine mv gliche Toxizitdt des Chips, z.B. durch Korrosion, ausgeschlossen werden. Das Implantat mu_ durch entsprechende Beschichtung und Oberfldchenbearbeitung so flexibel wie mv glich sein, damit es sich der nat|rlichen Form der Netzhaut anpassen kann. Au_erdem soll in vitro der \bergang zwischen Elektroden und Nervenzellen genauer beobachtet werden. Neben dem Problem der Synapsenbildung stellen sich bez|glich der Machbarkeit dieser Technologie noch viele entscheidende Fragen. Ist die Funktion der Ganglienzellen nach Erblindung aufgrund einer degenerativen Netzhauterkrankung |berhaupt noch erhalten, so da_ eine Reizleitung ins Gehirn noch mv glich ist? Wie kann der Chip die Information so aufnehmen, da_ sie f|r das Gehirn verwertbar ist?[355] Inwieweit mu_ die Anordnung und Spezialisierung der Ganglienzellen z.B. auf Farbe oder Bewegung ber|cksichtigt werden?[356] Bei Versuchspersonen, die durch RP erblindet waren, wurde die Retina mit Elektroden in einem bestimmten Quadranten der Netzhaut stimuliert, und sie konnten Phosphene im entsprechenden Quadranten wahrnehmen. Daraus kann geschlossen werden, da_ die Ganglienzellen Reize weiterleiten, und dies sogar genau entsprechend der Stelle, an der der Reiz stattgefunden hat.[357] Um die Frage zu kldren, ob verwertbare und rdumlich richtig angeordnete Information zum Gehirn geleitet werden, mu_ der Chip so weit wie mv glich entwickelt und dann an weiteren Versuchspersonen getestet werden. Au_erdem stellt sich die Frage, wie hoch die Auflv sung sein mu_. Es gen|gen 4 Pixel zur Hell-Dunkel-Wahrnehmung und zur Wahrnehmung von Bewegung. Zum Lesen ist eine Auflv sung von 265 Pixel erforderlich. Ein Bild, wenn auch unscharf, entsteht bei einer Auflv sung von 1024 Pixel[358] Es m|ssen daher mv glichst viele Elektroden auf dem Chip untergebracht sein. Es mu_ herausgefunden werden, wie nah die Elektroden auf dem Chip beieinander sein m|ssen, um f|r eine mv glichst hohe Auflv sung gen|gend Bildpunkte zu haben. Die Energieversorgung f|r eine permanente Arbeit des Microchips mu_ noch ndher untersucht werden. Nur 10 microampKre pro Elektrode gen|gen zwar, um die Sehrinde zu stimulieren. Bei dieser Stromstdrke brduchte das Implantat keine externe Energiequelle.[359] Es kv nnte aber noch mehr Energie erforderlich sein, um das gesamte System zu versorgen. Deshalb ergeben sich Zweifel an der Eigenstdndigkeit der implantierten k|nstlichen Photorezeptoren in bezug auf die Energieversorgung. "Though photocells can convert light to energy, it's probably not sufficient to power an electric eye."[360] Es sind somit noch viele Fragen zu kldren, bevor ein solches Projekt eines Retina-Implantates realisiert werden kann.